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Was ist eine Ellipse?
Eine Ellipse ist ein rhetorisches Stilmittel, bei welchem Satzteile ausgelassen werden, die für das Verständnis der Aussage nicht zwingend erforderlich sind. Der Satz erscheint dadurch grammatikalisch unvollständig, der Sinn bleibt aber erhalten.
Der Begriff stammt aus dem Griechischen: élleipsis bedeutet so viel wie „Auslassung“ oder „Mangel“. In der Praxis heißt das, dass der Leser oder Zuhörer die fehlenden Wörter automatisch ergänzt, ohne dass der Sinn verloren geht. Zum Beispiel:
→ „Ich habe keine Zeit!“
→ wird zu „Keine Zeit!“
Wichtige Merkmale der Ellipse:
→ Es fehlen ein oder mehrere Satzteile, die der Kontext leicht erschließen lässt.
→ Die Aussage wirkt dadurch knapper, prägnanter oder auch emotionaler.
→ Ellipsen finden sich häufig in der gesprochenen Sprache, in der Literatur oder in der
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Wirkung und Funktion der Ellipse
Die Ellipse ist weit mehr als nur ein gekürzter Satz. Durch die bewusste Auslassung bestimmter Satzteile erzielt sie vielfältige Wirkungen. Die wichtigsten Funktionen und Effekte finden Sie hier übersichtlich zusammengestellt:
Funktion | Wirkung |
---|---|
Fokussierung: | Die Ellipse lenkt die Aufmerksamkeit der Lesenden oder Zuhörenden auf das Wesentliche der Aussage, da sie unnötige Füllwörter oder Satzteile weglässt. |
Dynamik und Spannung: | Kürzere Sätze wirken schneller und lebendiger. Ellipsen steigern daher die Geschwindigkeit des Textes und können Aufregung, Dringlichkeit oder Tempo vermitteln. |
Natürliche Sprache: | In der gesprochenen Sprache nutzen wir automatisch verkürzte Sätze. Ellipsen sorgen dafür, dass Texte oder Dialoge realistischer und lebensnah wirken. |
Emotionalität und Ausdrucksstärke: | Ellipsen verdichten die Sprache und machen sie emotionaler. Stimmungen wie Begeisterung, Ärger oder Entschlossenheit lassen sich so besonders gut transportieren. |
Stil und Ausdruck: | Durch das bewusste Weglassen wirkt der Text pointierter und stilistisch anspruchsvoller. Zudem vermeiden Ellipsen Wiederholungen und machen die Sprache abwechslungsreicher. |
Ellipse: Anwendungsbereiche und Beispiele
Die Ellipse ist nicht nur ein theoretisches Konstrukt, sondern ein lebendiges Stilmittel, das Sie in vielen Bereichen Ihres Alltags und der Sprache finden. Die folgenden Beispiele zeigen Ihnen die typische Verwendung in unterschiedlichen Kontexten:
In der Alltagssprache
In der gesprochenen Sprache sind Ellipsen sehr verbreitet, da sie die Kommunikation beschleunigen und natürlicher machen.
Beispiele:
„Was nun?“ (vollständig: „Was machen wir nun?“)
„Eine Pizza, bitte!“ (vollständig: „Ich möchte eine Pizza, bitte!“)
„Ohne Wenn und Aber.“ (vollständig: „Ohne dass es Wenn und Aber gibt.“)
In der Literatur
Besonders in der Lyrik, der Epik oder der Dramatik nutzen Autoren Ellipsen, um Stimmungen zu verdichten oder die Sprache rhythmischer zu gestalten.
Bekannte Beispiele:
- Friedrich Schiller: „Frisch also, mutig ans Werk!“ (Die Räuber)
- Auch Autoren wie Goethe und Döblin verwenden Ellipsen in ihren Werken, um Dialoge realistischer und prägnanter zu gestalten.
In Werbung und Medien
Kurze und einprägsame Sätze fallen auf und sind einprägsamer – deshalb lieben Werbetexter und Journalisten die Ellipse.
Beispiele:
- „Vorsprung durch Technik.“ (Audi-Werbeslogan)
- „Ohne Fleiß kein Preis!“ (Sprichwort in der Kurzfassung)
Abgrenzung zu anderen Stilmitteln: Die Ellipse als rhetorisches Mittel
Die Ellipse lässt sich leicht mit ähnlichen Stilfiguren verwechseln. Damit Sie sie sicher erkennen und abgrenzen können, haben wir die wichtigsten Unterschiede zu verwandten rhetorischen Mitteln für Sie zusammengefasst:
Stilmittel | Definition | Beispiel | Unterschied zur Ellipse |
---|---|---|---|
Aposiopese | Bewusster Satzabbruch mitten in der Aussage | „Wenn ich dich in die Finger kriege …“ | Bei der Aposiopese wird der Satz offen gelassen und der Gedanke nicht zu Ende geführt, während die Ellipse nur überflüssige Wörter weglässt. |
Pleonasmus | Überflüssige Wörter, die dasselbe ausdrücken | „weißer Schimmel“, „runde Kugel“ | Der Pleonasmus ist das Gegenteil der Ellipse: Statt zu kürzen, werden hier Informationen verdoppelt. |
Zeugma | Ein Satzglied (oft das Verb) wird auf verschiedene Satzteile bezogen | „Sie schlug die Tür und ihren Bruder.“ | Das Zeugma spart ebenfalls Wörter, nutzt sie aber gleichzeitig für verschiedene Satzteile – die Ellipse hingegen lässt sie weg. |
Fragment | Unvollständiger Satz ohne Prädikat oder Subjekt | „Unglaublich!“ | Fragmente stehen für sich, die Ellipse ist hingegen meistens leicht aus einem vollständigen Satz rekonstruierbar. |
Wichtig:
Die Ellipse gehört zu den Satzfiguren, bei der Verständnis und Kontext die ausgelassenen Satzteile ergänzen. Andere Stilmittel nutzen ebenfalls Kürzung oder Vereinfachung, machen das aber aus anderen stilistischen Gründen und oft auf andere Weise.
Übungsaufgaben mit Lösung zur Ellipse
Übung 1:
Lesen Sie die folgenden Sätze und entscheiden Sie, welche davon Ellipsen enthalten und wieso es sich um eine handelt. Achtung: Es sind Sätze dabei, die kein Ellipsen-Stilmittel, sondern andere sprachliche Besonderheiten (z. B. Pleonasmus oder Zeugma) enthalten.
- „Je früher, desto besser!“
- „Der weiße Schimmel galoppierte über die Wiese.“
- „Frisch gewagt ist halb gewonnen!“
- „Sie sah ihn, und er sie.“
- „Ende gut, alles gut!“
- „Schnell und gründlich, das ist wichtig.“
- „Morgen um sechs!“
- „Nicht ohne meinen Kaffee!“
- „Volle Fahrt voraus!“
- „Wenig reden, viel tun.“
- „Er kam, sah und siegte.“
Lösungen
- Ellipse – vollständiger Satz wäre: „Je früher [es] ist, desto besser ist es!“
- Keine Ellipse, sondern Pleonasmus – „weißer Schimmel“ ist ein überflüssiger Zusatz.
- Ellipse – hier fehlen die Personalpronomen und Hilfsverben: vollständiger Satz wäre „Was frisch gewagt ist, ist halb gewonnen!“
- Keine Ellipse – es handelt sich um ein Zeugma, bei dem sich das Verb auf beide Satzteile bezieht.
- Ellipse – der Satz lässt das Verb „ist“ weg: vollständiger Satz wäre „Wenn das Ende gut ist, dann ist alles gut!“
- Keine Ellipse, sondern einfache Satzreihe.
- Ellipse – Das Verb (z. B. „sehen wir uns“) fehlt hier, der Satz ist dennoch verständlich.
- Ellipse – Auch hier fehlt der vollständige Satz („Ich gehe nicht ohne meinen Kaffee“). Die verkürzte Form betont das Wesentliche.
- Ellipse – Das Verb und Subjekt fehlen; der Satz ist trotzdem verständlich und wirkt ausrufend und dynamisch.
- Ellipse – Subjekt und Verb fehlen hier ebenfalls. Die Verkürzung verleiht dem Satz einen prägnanten und sprichwörtlichen Charakter.
- Keine Ellipse – Bekannte Ellipse aus dem Lateinischen (Veni, vidi, vici). Subjekt wird nur beim ersten Teilsatz genannt und bezieht sich hier auf die Aufzählung.
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