Wenn die Tage wieder länger werden und ein Hauch von Frühling in der Luft liegt, beginnt in Deutschland eine ganz besondere Zeit: die fünfte Jahreszeit. Ob Karneval, Fasching oder Fastnacht – diese ausgelassene Periode vor der österlichen Fastenzeit ist tief in der deutschen Kultur verwurzelt und wird mit einer beeindruckenden Vielfalt an Bräuchen zelebriert. Von farbenprächtigen Umzügen über geheimnisvolle Masken bis hin zu stimmungsvoller Musik – die Faschingsbräuche in Deutschland sind ein lebendiges Zeugnis regionaler Identität und purer Lebensfreude.

Karneval, Fasching, Fastnacht: Die vielen Namen der Narrenzeit
Obwohl die Begriffe oft synonym verwendet werden, haben sie regionale Eigenheiten. Im Rheinland, mit seinen Hochburgen Köln, Düsseldorf und Mainz, schlägt das Herz des Karnevals. In Bayern, Sachsen und Österreich ist hingegen vom Fasching die Rede, ein Begriff, der sich vom „Vastschank“, dem letzten Ausschank alkoholischer Getränke vor der Fastenzeit, ableitet. Die Fastnacht (oder mundartlich auch Fasnet) wird vor allem in Hessen, Baden-Württemberg und der Schweiz gefeiert und verweist direkt auf die Nacht vor Beginn des Fastens.
Die Wurzeln des närrischen Treibens: Von heidnischen Ritualen zum christlichen Fest
Die Ursprünge der Faschingsbräuche sind vielschichtig und reichen weit zurück. Einerseits sind sie in christlichen Traditionen verankert, als eine Zeit des ausgelassenen Feierns und Schlemmens vor der 40-tägigen Fastenzeit, die mit dem Aschermittwoch beginnt. Der Name Karneval selbst leitet sich vermutlich vom lateinischen „carne vale“ ab, was so viel wie „Fleisch, lebe wohl“ bedeutet.
Andererseits lassen sich viele Bräuche auf vorchristliche, heidnische Rituale zurückführen. Schon in der Antike gab es Feste, bei denen durch Lärm und furchteinflößende Verkleidungen die bösen Geister des Winters vertrieben werden sollten, um den Frühling zu begrüßen. Diese Tradition lebt in vielen Figuren der schwäbisch-alemannischen Fastnacht fort.

Ein Streifzug durch Deutschlands bunte Faschingslandschaft
Die Vielfalt der Faschingsbräuche in Deutschland ist beeindruckend und jede Region hat ihre eigenen, einzigartigen Traditionen:
- Das Rheinland: Hier regiert das berühmte Kölner Dreigestirn (Prinz, Bauer und Jungfrau). Höhepunkt ist der Rosenmontagszug in Köln, der größte Umzug Deutschlands, bei dem tonnenweise „Kamelle“ (Süßigkeiten) und „Strüßjer“ (Blumensträuße) unters Volk gebracht werden. In Düsseldorf ist der Umzug für seine scharfzüngigen politischen Mottowagen bekannt, und in Mainz gehören die „Schwellköpp“, riesige Pappmaché-Köpfe, zum festen Bild der Fastnacht. Ein besonderer Brauch ist die Weiberfastnacht, an dem Frauen symbolisch die Macht übernehmen und den Männern die Krawatten abschneiden.
- Schwäbisch-alemannische Fastnacht: Im Südwesten Deutschlands beginnt die „Fasnet“ traditionell am 6. Januar. Hier dominieren kunstvoll geschnitzte Holzmasken und aufwendige Kostüme, das sogenannte „Häs“. Furchterregende Gestalten wie Hexen, Teufel und „Wilde Leute“ ziehen durch die Straßen, um mit viel Lärm den Winter auszutreiben. Bekannte Figuren sind beispielsweise die „Flecklashexen“ in Allersberg oder die Sagengestalten der Frauenauer Rauhnacht in Bayern.
- Bayerischer Fasching: In München prägen zahlreiche Bälle und der Tanz der Marktfrauen am Viktualienmarkt den Fasching. In anderen Teilen Bayerns gibt es einzigartige Bräuche wie das „Haberfeldtreiben“, das früher eine Form der sozialen Rüge darstellte.
- Weitere regionale Besonderheiten: In einigen Regionen gibt es kuriose Bräuche wie das „Geldbeutelwaschen“ am Aschermittwoch, das die leeren Kassen nach der ausgelassenen Zeit symbolisiert und Platz für neues Geld schaffen soll.
Musik, die verbindet: Von Karnevalsschlagern und Partyhits
Was wäre die fünfte Jahreszeit ohne die passende Musik? Traditionelle Karnevalslieder, oft im lokalen Dialekt, sind ein wichtiger Bestandteil des Brauchtums und erzählen von Heimat, Freundschaft und Lebensfreude. Seit den 1950er Jahren hat auch der deutsche Schlager einen festen Platz im närrischen Treiben erobert. Die eingängigen Melodien und fröhlichen Texte von Künstlern wie Helene Fischer, Mickie Krause oder den Höhnern sorgen für ausgelassene Partystimmung und werden landauf, landab mitgesungen.
Ein Fest der Lebensfreude und Tradition
Fasching, Karneval und Fastnacht sind weit mehr als nur oberflächliches Vergnügen. Sie sind ein tief verwurzelter Ausdruck von regionaler Kultur, historischer Entwicklung und gemeinschaftlicher Lebensfreude. Die unzähligen Faschingsbräuche, von den lauten und wilden Winteraustreibungen im Süden bis zum organisierten Frohsinn im Rheinland, zeigen die beeindruckende Vielfalt und Lebendigkeit von Traditionen in Deutschland. In diesem Sinne: Ein dreifaches Helau, Alaaf und Narri-Narro!